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Die Online-Vorlesungsreihe der FONTE-Projektprofessur befasst sich dieses Semester mit Autorinnen der Vormoderne, die alle in der Dichtkunst, teilweise am Theater und teilweise komponierend aktiv waren, deren Kunstwerke und Namen jedoch heute größtenteils vergessen sind. Welches künstlerische Potential haben ihre Texte für die Gegenwart? Welche Strategien der Inszenierung von Autorinnenschaft begegnen uns? Welche Wirkung für die vormoderne Theaterkultur hatten die Dichterinnen? Wie bewegten sie sich im Spannungsfeld von Öffentlichkeit und Privatheit?
Die Vorlesungen finden online via Zoom statt. Wenn Sie teilnehmen möchten, dann senden Sie uns bitte eine Mail an einladung@hfs-berlin.de
Katharina Worms (FONTE-Professur HfS Ernst Busch): Prinzessin Eboli, Emilia Galotti und Ophelia. Die Schauspielerin und Dichterin Sophie Albrecht (1756–1840)
Sophie Albrecht galt als eine der besten Schauspielerinnen ihrer Zeit. Sie spielte die Prinzessin Eboli bei der Uraufführung von Schillers „Don Carlos“ und weitere bekannte Frauenfiguren. Daneben war sie schriftstellerisch tätig: Sie dichtete Lyrik, schrieb Schauerromane und verfasste das Drama „Theresgen“, das an Grundelemente des bürgerlichen Trauerspiels anknüpft, dieses aber in allen Punkten unterläuft. Der Vortrag gewährt Einblick in das frühfeministische Potential des Zeitraums vor 1800 anhand von Sophie Albrechts Werk, in die freiheitlichen Selbstentwürfe der Dichterin in Abgrenzung zur „Männer-Zone“ und die ihr eigene Ausdruckskraft von leidenschaftlichen Gefühlen.
Nathalie Rosenbaum (HfS Ernst Busch): „Dein Lied wird noch die Welt vergnügen“ - Vergessene Autorinnen und ihr Potential für die künstlerische Praxis der Gegenwart
„Vielleicht verblühn' in kurzer Zeit
Die Zeugen meines Daseins wieder:
Vielleicht sind meine kleine Lieder
Auch Opfer der Vergessenheit.
Jedoch, ihr Zweck, mein Leben zu versüßen,
Ist schon erreicht; die Nachwelt kann sie missen.“
In ihrem Gedicht „Der Nachruhm“ stellt die Autorin Johanna Charlotte Unzer (1725–1782) Überlegungen dazu an, wie die Bewertung des Werkes eines Menschen sich mit den Zeiten wandelt - bisweilen konträr dazu, wie es zu Lebzeiten bedacht wurde; mit Jubel, Verachtung oder Gleichgültigkeit. Etwa 270 Jahre nach ihrer Veröffentlichung kommen die Gedichte von Johanna Charlotte Unzer nun erstmals ins Radio. Die Regisseurin und Autorin Nathalie Rosenbaum stellt ihre aktuelle Hörspielproduktion „Dein Lied wird noch die Welt vergnügen“ vor (UA 13. Juni 2023, 20.10 Uhr, Deutschlandfunk) und berichtet von ihrer persönlichen künstlerischen Arbeit und der Auseinandersetzung mit dem Lebenswerk einer lange Zeit vergessenen Künstlerin.
Samantha Philips (Universität Kiel): „Lächle, neue Sapho!“ Anmerkungen zur Sappho-Rezeption bei Anna Louisa Karsch
Was wird eigentlich wie rezipiert, wenn die als „deutsche Sappho“ bekannt gewordene Dichterin Anna Louisa Karsch auf die frühgriechischen Lyrikerin Sappho Bezug nimmt? Bei der Beantwortung dieser Frage wird es einerseits um die Herausarbeitung motivischer Grundstrukturen gehen, die eine sapphische Dichterpersona bestimmen und auf die hin die Dichterin von ihren Zeitgenossen stilisiert werden konnte, um sich über den Beinamen „Sappho“, als eine Art Qualitätssiegel für das eigene Schaffen, im Literaturbetrieb ihrer Zeit etablieren zu können. Außerdem beschäftigt mich andererseits, wie Anna Louisa Karsch selbst eine sapphische Schreibart ausgestaltet und sich vor allem in der in den 1760er Jahren vorbereiteten Gedichtsammlung Sapphische Lieder in die Rolle der griechischen Dichterin einfühlte und sie als ihre eigene Dichterpersona zu formen begann.
Charlotte Coch (Universität Köln): Veröffentlichung des Privaten - Privatisierung des Offiziellen: Anna Ovena Hoyer (1584–1655) als Grenzgängerin
Anna Ovena Hoyer (1584–1655) lässt sich nicht leicht in Kategorien einsortieren. Sie ist mutige Anklägerin der Kirche und doch Verfechterin einer eher traditionellen Frauenrolle, gleichzeitig frühe, politisch engagierte Sozialistin und religiöse Schwärmerin; einige ihrer Texte, so das „Gespräch eines Kindes mit seiner Mutter“ (1628) werden vielfach neu aufgelegt, die „Geistlichen und Weltlichen Poemata“, die 1650 im Exil in Amsterdam veröffentlicht werden, dagegen schon im Folgejahr verboten. Der Vortrag skizziert Inhalt und Publikationswege ihrer Texte vor dem Hintergrund einer Überkreuzung von vermeintlich 'öffentlichen', etwa kirchlichen, und vermeintlich ‚privaten‘, etwa familiären, Diskursen und zeigt damit, wie insbesondere das weibliche Schreiben in der Frühen Neuzeit quer zu dieser bürgerlichen Unterscheidung privat/öffentlich steht.
Die Vorlesungsreihe wird ermöglicht durch eine Förderung der Fonte-Stiftung.
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Wir bitten um Anmeldung unter: einladung@hfs-berlin.de