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Produktionsleiterin und Kamerafrau Marlene Blumert über Film@Busch

Projekt wird ermöglicht durch Mittel der Stiftung Innovation in der Hochschullehre

Das zweijährige FREIRAUM Projekt Film@Busch bringt ein kleines Team aus HfS, Filmuni Potsdam und externen Gästen aus der Praxis zusammen, um mehr Know-How rund um das Thema Film in die HfS Ernst Busch zu holen. Im September 2025 gibt es dazu eine erste Woche voller praxisbezogener Workshops insbesondere für Studierende. Wir trafen Produktionsleiterin und Theaterkamerafrau Marlene Blumert zum Gespräch.

 

Liebe Marlene, herzlich willkommen an der Busch! Was können die Studierenden und Dozierenden von der ersten Workshop-Woche im September erwarten? 

Wir werden uns mit der Frage: „Warum Video im Theater?“ beschäftigen. In dem Workshop haben die Studierenden die Möglichkeit Film Basics zu lernen – von der Idee über den Dreh bis zur fertigen Montage. Dabei können sie eigene Filmprojekte realisieren und es gibt die Möglichkeit von einem professionellen Team unterstützt zu werden.

 

Wir freuen uns sehr, dass du als Film-Fachfrau dein Wissen in die Hochschule einbringen wirst! Welche Techniken sind dein wichtigstes Handwerkszeug? 

Ich denke, es ist mein Erfahrungsschatz, Video und Theater auf eine Weise miteinander zu verbinden, dass sich neue Ebenen öffnen. 

Seit 20 Jahren arbeite ich mit Film auf der Bühne. Oft mache ich Livekamera (z.B. bei René Pollesch) oder produziere Videos (z.B. für Gob Squad), die dann während des Bühnengeschehens gezeigt werden.

 

Wie bist du zum Film und vor allem zum Film im Theater gekommen? Welche Projekte und Kollaborationen haben deine filmische Arbeitsweise besonders geprägt? 

2003 in Hamburg am Thalia Theater habe ich meine ersten Live-Kamera- und Theaterfilm-Jobs gemacht. Parallel habe ich im Film- und Fernsehbereich gearbeitet, unter anderem davon fünf Monate in Los Angeles. Dann begann mein Regiestudium an der Film-Uni in Potsdam. Parallel zum Studium habe ich am Deutschen Theater im Bereich Live-Kamera und Theaterfilm gearbeitet. 

An der Live-Kamera-Arbeit liebe ich die absolute Präsenz im Hier und Jetzt und die Verbindung zwischen Spieler*innen und mir hinter der Kamera und dem Publikum. Und wenn das Publikum an den richtigen Stellen lacht, beflügelt es uns auf der Bühne. 

Sowohl bei millimetergenauer Kameraarbeit wie z.B. in meiner Zusammenarbeit mit Christian Weise am Gorki als auch bei freien Improvisationen, die sich wie ein gemeinsamer Tanz anfühlen, bin ich leidenschaftlich dabei. An vorproduzierten Theaterfilmen liebe ich die gemeinsame Entwicklung und dann dessen Produktion im Probenprozess. Der Dreh erfrischt alle und ist eine aufregende Abwechslung von den Bühnenproben. Und wenn der Theaterfilm das Bühnengeschehen befruchtet und neue Ebenen öffnet, dann ist unsere Arbeit gelungen. 

Wenn wir Vorstellungen mit dem Kamerakran bei René Polleschs „Die Gewehre der Kathrin Angerer“ an der Volksbühne spielen, erzeugen wir zu dritt das Kamerabild. Denn es gibt einen Kranschieber, einen Kranschwenker und mich oben auf dem Kran an der Kamera. Dafür braucht es eine hohe Konzentration, sehr schnelle Kommunikation und Rücksicht aufeinander. Wenn dies gelingt, ist das sehr beglückend.

Die Theaterfilmarbeit ist je nach Regiepersönlichkeit sehr unterschiedlich. Zum Beispiel mit Christian Weise bin ich bereits ab dem ersten Probentag mit der Kamera auf der Probenbühne dabei, und von jeder Szene erarbeiten wir 100 verschiedene Varianten mit der Kamera, und letztendlich geht es um die Perfektion der millimetergenauen Kameraarbeit während der Vorstellungen. Im Gegensatz dazu die Arbeit mit René Pollesch: Wir haben kaum Proben mit der Kamera gemacht und was nicht auf Anhieb gelingt, wird wieder rausgeschmissen. Bis in die Vorstellungen hinein bewegen sich die Spieler*innen frei auf der Bühne, und mit der Kamera reagiere ich auf die Spieler*innen, das macht natürlich Spaß und gibt Energie.

 

Was wünschst du dir von der Busch für das Projekt? Was ist dir in der Zusammenarbeit mit den Studierenden besonders wichtig? 

Wir haben hier die fantastische Möglichkeit mit Film und Bühne zu experimentieren und Dinge auszuprobieren! Sowohl bestehende Formate des Theaterfilms weiterzuentwickeln als auch neue Formen zu erforschen. Wir dürfen hier mutig sein. Z.B. werden wir mit Film@Busch Teil des Marionetten Szenenstudiums sein. Darauf freue ich mich sehr. Denn live auf der Bühne Marionetten zu filmen, ist auch für mich Neuland!

Ideal wäre, wenn wir mit Film@Busch Teil der bereits geplanten Projekte und Szenenstudien werden, wie z.B. das Marionettenprojekt, bei dem wir spontan dazu gekommen sind. Und das ist ja das tolle an Theaterfilm: Es ist eine zusätzliche Ebene, die die Erfahrung auf der Bühne und beim Publikum erweitern kann. Deshalb würde ich mich freuen, wenn Studierende und Dozierende auf uns zu kommen und wir kollaborieren :)

 

Und ganz kurz: Welche drei Filme (oder Theaterproduktionen) sollten sich unsere Studierenden und Dozierenden unbedingt anschauen? 

Auf jeden Fall alles von Gob Squad. Zunächst ist es ein tolles Kollektiv, dass viele Methoden entwickelt hat, um gemeinsam ohne patriarchale Strukturen und Hierarchien zu arbeiten. Teams zu bilden und auf Einzelkämpfe zu verzichten, braucht die Welt. 
Gob Squad arbeitet auf wunderbare Weise mit Gästen zusammen, die meist Laien sind und bisher keine Berührungen mit Theater hatten. Das Kollektiv schafft es, dass diese Menschen mit ihrem Sein und ihren Geschichten auf der Bühne sind und es keinen Moment von Fremdscham oder Langeweile gibt, sondern tiefe Berührung und Verbindung mit dem Publikum entsteht. Der Einsatz von Video bei Gob Squad hat etwas Innovatives und bemerkenswert Künstlerisch-Kreatives.

Ich merke, dass ich ein wenig Widerstand spüre, Theater- und Filmtipps zu geben… Wahrscheinlich, weil in meiner Wahrnehmung wir alle bereits überreizt sind und ich denke, es fehlt eher an Zeit für Reflexion und Nichtstun. Empfehlen kann ich die Übung „Diszipliniertes Nichtstun“: Für 10-30 Minuten im Idealfall mit Blick ins Grüne und in den Himmel irgendwo hinsetzen und nichts tun. Dies übt eine disziplinierende Wirkung aus, weil es wirklich darum geht, nichts zu tun und nicht zwischendurch aufzuspringen oder im Kopf sich mit der ToDo-Liste zu beschäftigen. 

 

Herzlichen Dank für das Gespräch! 

Mehr zu dem Projekt Film@Busch gibt es unter www.hfs-berlin.de/film-at-busch.

(c) Jan Speckenbach